08.08.2015

Saltimbanque

Coucou mes amis!

Wie ich euch erzählt habe, war letzte Woche das Sommercamp 'Saltimbanque' auf, bzw. mit der Pas d'Âne.
Sucht man den Begriff 'Saltimbanque' (dt. Gaukler, Artist, Schausteller) im Internet, erhält man von Wikipedia folgende nette Erklärung:

Un saltimbanque est un artiste du spectacle de rue (spectacle vivant). Il fait toutes sortes de tours et joue de l'étonnement pour amuser le public dans les foires. Les troupes d'artistes se produisaient de ville en ville sous l'Ancien Régime.

Und genau darum ging es ja auch: drei Tage lang waren wir, das heißt 12 Kinder im Alter von 10-13 Jahren, zwei Jugendleiter und Laura und ich, mit drei Eseln zu Fuß unterwegs, um Abends in einem Dorf anzukommen, dort ein Theaterstück vorzuspielen und zu zelten, bevor es am nächsten Morgen an die nächste Etappe zum nächsten Dorf kam.
Im April hatte sich ein Teil der Gruppe schon für zwei Tage zusammen gefunden, um ein kleines Theaterstück zu schreiben. Anfang der letzten Woche, also Montag und Dienstag, war die Gruppe zunächst auf der Pas d'Âne, die Kinder lernten sich gegenseitig etwas kennen, spielten Spiele, übten das Theaterstück ein und machten sich schonmal mit den Eseln vertraut, bevor es dann am Mittwochmorgen endlich losging.

Es hat so unheimlich Spaß gemacht, mit den Kindern und den Eseln loszuziehen! Es war einfach ein total cooles Gefühl so ein bisschen 'on the road' zu sein, irgendwie umherzuziehen, eine Art Freiheit. Und die Esel und ganz besonders der mit blau-gelb getsreiftem Stoff bedachte Planwagen, der hinter Klakson gespannt war, haben da natürlich noch mal ein ganz besonderes Flair hinzugefügt. Teilweise kam ich mir einfach entweder wie in der Zeit verrutscht oder wie in einem Kinderbuch vor.
Besonders gute Stimmung kam auch dadurch auf, dass wir, sobald wir an Häusern oder Menchen vorbeiliefen, das selbstgedichtete Saltimbanque-Lied sagen:

Les nomades du camp Saltimbanque
Vont vous jouer un petit spectacle
Au village du Theil Bocage/ St.-Jean le Blanc/...
Et vous y êtes tous invités!
À 19 heures!

Und die Reaktionen der Menschen waren schon ziemlich herrlich: Manche kamen aus ihren Häusern um uns zuzuschauen, einige kamen an den Zaun um uns von Nahem vorbeiziehen zu sehen, hielten an, schauten den Umzug mit oft erstaunten und lachenden Augen an. 
Besonders lustig fand ich es auch, als wir an einer Baum Plantage vorbeiliefen, in dessen Bäumen zwei alte Opis saßen mit so richtig schön alten Arbeitsanzügen und einer Art Baskenmützen, die erstsmal ihre Arbeit einstellten und sich sichtlich über das Bild, dass sich ihnen bot, freuten.


Über Stock und Stein...

...ging es von Dorf zu Dorf

Angekommen wurde erstmal ausgiebig Ninja, Fan und sonstiges gespielt

Das Plakat, das uns zusätzlich zum Gesang ankündigte

Die Gruppe hat vor dem Theaterstück kurz erzählt, von wo wir morgens aufgebrochen sind, wieviele Kilometer zurück gelegt wurden, welche Esel dabei waren etc.
In dem Theaterstück ging es um Robert, der eine Mütze findet, mit der er durch die Zeit reist, sobald er sie sich auf den Kopf setzt.
So landet er in der Urzeit, wo seltsame, wilde Wesen umherwanden und das Publikum beschnüffeln,
bevor sie Robert finden und ihn aufessen wollen. 

Schnell setzt Robert sich wieder die Mütze auf und landet mitten in einem Schlachtfeld zu Zeiten Napoleons.

Um Napoleon von der Zeitreis zu überzeugen, setzt er die Mütze auf und sie landen mitten in einer Samurai Kampfszene.

Um sich zu retten, benutzt er erneut seine Mütze und landet in den Gemächern des Sonnenkönigs.
Nach einem Streit zwischen Napoleon und Ludwig XIV hat Robert die Nase voll und landet endlich wieder zu Hause.
Einige Jahre später steigt seine Enkelin auf den Dachboden und findet diese Mütze wieder, womit das Theaterstück auch sein findet.

Dafür, dass sie wirklich nur wenig Zeit hatten, das Stück zu üben, waren die Vorstellungen wirklich super und ziemlich goldig.

Abends wurde dann ums Lagerfeuer herum Werwolf gespielt, denn auch hier ist das Spiel sehr beliebt.

Insgesamt war es eine richtig schöne Woche für mich (und den Reaktionen nach zu urteilen uach für den Rest der Truppe) und die Gruppe war einfach super. Dadurch, dass die 'jeunes' schon etwas älter waren, als die 3-6 jährigen vom letzten Mini-Camp, konnte man schon echt coole Sachen mit ihnen anstellen und auch gut mit ihnen reden. Ich fand es auch sehr interessant, wie sie auf meinen Akzent reagiert haben, denn sie haben mich total lieb aufgemuntert, dass sie mein Französisch 'pour changer de pays' richtig gut fänden. Das fand ich sehr nett von ihnen und als Lison mich am Freitagabend fragte, ob ich denn nächstes Jahr auch dabei wäre, dachte ich nur: Pourquoi pas?

Während der Woche passierte aber noch eine andere schöne Sache. Als Laura und ich an einem der Abende ein ruhiges Stündchen hatten, gingen wir zu den Eseln, um nach ihnen zu schauen. 
Und dann folgte tatsächlich eins meiner schönsten Erlebnisse während meines Jahres hier, denn ich durfte auf Klaksons Rücken klettern. Obwohl ich ja schon öfter geritten bin, hatte ich total Angst, weil ich einen Esel doch etwas temperamentvoller und eigensinniger einschätze, als ein Schulpferd. Und noch dazu stand er einfach so frei auf der Wiese herum und wurde von niemandem gehalten. Laura hat mir hochgeholfen und als ich dann auf dem Esel kauerte, mit klopfendem Herzen und die Arme fest um seinen Hals geschlungen, verstand ich irgendwie, warum es den Behinderten, die öfters mal auf die Pas d'Âne kommen und sich auch auf die Esel setzten dürfen, so gut tut, genau dies zu tun. 
Irgendwie ist man dem Esel so nah und man hat das Gefühl, dass man sich irgendwie über die Emotionen austauscht und es war ein total schöner Moment, der tatsächlich auch bei mir einige Emotionen freigelassen hat und ich dachte auch einen kurzen Moment, dass ich vor lauter überschwemmender Emotionen anfange zu weinen. Ihr haltet mich jetzt sicher für verrückt, aber ich sag's euch, das war einfach ein richtig schöner Moment. Wenn ihr mal die Gelegenheit habt, auf einen Esel zu steigen und euch an ihn zu kuscheln, tut es! Es ist auf jeden Fall die Erfahrung wert.
Das Wochenende war dann auch nicht gerade unanstrengend, da Benoit und ich Laura bei ihrem Umzug halfen. Und so kam ich aber auch in den Genuss, zum ersten Mal in Anne, der carav'Âne, Lauras neuem Wohnwagen und jetzt zu Hause, zu schlafen. 

Montag war en sehr ruhiger Tag, da ich nur in die Autowerksatt musste, aber der Rest der Woche war echt anstrengend. Es wurde viel geerntet, was durch das viele Bücken echt auf dauer in die Beine und den Rücken geht. Am Donnerstag durfte ich auch endlich wieder wieder Mini-Traktor fahren, ich liiiiebe es!
Direkt danach ging es zu Tom und Aelig und anschließend auf eine Kanutour. Die Strecke hatten wir aber recht ambitiös eingeplant und da auf halber Strecke ein Loch in Lauras aufblasbarem Kanu hinzukam, kamen wir erst bei Anbruch der Dunkelheit, halbgefroren und hungrig am Auto an. Danach haben wir aber erstmal schön gekocht und gegessen, was wirklich gut tat. Tom und Aelig fahren jetzt in den Urlaub und deshalb werde ich sie nur noch ein mal sehen, bevor ich abreise. Deshalb fand ich es sehr schön, noch einmal Zeit mit ihnen zu verbringen. Ich finde es sehr komisch, dass das die Abreise schon so kurz bevor steht. So richtig realisiert habe ich das noch lange nicht. 

Trotz des späten gestrigen Abends und der prallen Sonne, wurde heute hart gearbeitet: Bei unseren Nachbarn hieß es Strohballen aufladen. Während Alex den Traktor fuhr, und Stéphane mit seiner Heugabel die Ballen auf den riesigen Anhänger warf, standen Caro und ich auf dem immer höher werdenden Berg aus Strohballen und stapelten und quetschten die Ballen, damit so viel wie möglich auf den Anhänger passten. Das war ganz schön anstrengend, vor allem, da man andauernd mit dem Fuß in eine Ritze rutschte, der prallen Mittagssonne auf dem Anhänger ausgesetzt war und dabei ja auch höllisch aufpassen musste, nicht herunterzufallen - gegen Ende waren wir ganz schön hoch. Kurz vor Mittag musste ich mich dann mal kurz auf das Stroh fallen lassen, weil ich einfach das Gefühl hatte, zu verdursten und jeden Moment umzukippen. 
Die Arbeit hat aber trotz oder gerade wegen der Anstrengung ganz schön Spaß gemacht. Außerdem ging ein Reifen kaputt, weshalb wir am Nachmittag auch nur noch das ganze Stroh verstauten und das war's dann auch schon. 
Und wenn man sich dann Abends abduschen will und einem Stroh aus der Unterwäsche fällt, dann weiß man, was man tagsüber getan hat.

Liebe Grüße und à la prochaine,

Henni

26.07.2015

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alterweicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, 
Der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an der Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden, 
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Hermann Hesse

Mitten drin im Leben und bald ist's vorbei

Hallihallo ihr Lieben!
Lang ist's her, dass ich hier mal was von mir hab hören lassen, und da irgendwie so viel passiert, sind einige meiner Erinnerungen mittlerweile leider schon ziemlich verblasst.
Aber nun, ich versuche mal, einige Sachen zu erzählen.

Nachdem ich mit meinen Eltern und meinen Geschwistern ein paar sehr schöne Tage in Paris verbracht habe, waren meine Eltern eine Woche lang hier in der schönen Normandie zu Besuch. Die Woche hatte ich mir dann auch frei genommen, was ganz schön war, da ich so einige Sachen mit ihnen unternehmen konnte und auch nochmal ein paar schöne Ecken der Normandie gesehen habe. 
So haben wir zum Beispiel eine kleine Wanderung durch die Suisse Normande gemacht. Da der Weg aber irgendwann kein Weg mehr war, schlugen wi uns plötzlich durch dichten, mannshohen Farn. Das fand ich schon ganz lustig und und abenteuerlich, vor allem schön mit beiden Eltern vorweg und andauernd klatscht einem Farn ins Gesicht. 
Nachdem wir dann später eine superschöne Wiese durchquerten, fanden wir aber doch tatsächlich wieder auf einen Weg und kamen auch gut an. Anschließend folgte eine kleine Tour durch die Suisse Normande zum Calvados Hersteller und den Hof des 'Safran de Normandie'.


Zusammen waren wir auch nochmal bei der Nez de Jobourg, also dem nordwestlichstenlichsten Zipfel der Normandie, von wo aus man schon die englischen Kanalinseln sehen kann.
Dort ist es einfach nur so traumhaft schön! Im Winter war ich ja schon einmal mit Papa da, aber im Sommer war das ganze nochmal etwas charmvoller. Obwohl die Wanderung in der Bullenhitze mich gefühlt fast das Leben gekostet hat, war die Aussicht einfach unheimlich schön.

Einen anderen Tag wollten wir gerne die Falaises des Vaches Noires anschauen, doch da wir etwas uninformiert losfuhren -denn nur bei Ebbe hat man Zugang zu den Felsen- hatten wir nicht wirklich Zugang zu den Felsen, die ich mir dank Internetbildern schon sehr gerne angeschaut hätte. Es war aber trotzdem ein ganz schöner Ausflug zum Meer mit gutem Picknick.
Zusammen mit meinen Eltern habe ich auch endlich mal das gute Fleisch zubereitet, dass ich mit Cyril ja immer auf dem Markt verkaufe. Und mannoman, das hat mich echt umgehauen! Ich fand es einfach so unheimlich lecker, ein richtig herrliches Fleisch, das wir da gegessen haben.

Direkt an die Woche anschließend ging's dann auch schon mit Laura, Tom, Benoit und Aelig los nach Cerisy Belle Etoile, zum Fetsival 'Les Bichoiseries'. Es war echt ein total cooles Wochenende mit absolut gutem Wetter, herrlichstem Sonnenschein, super Leuten und ganz viel Musik.
Es war ja tatsächlich mein allererstes Festival und so hatten die anderen Spaß, mich in die Welt der Festivals einzuführen. Deshalb wurde ich dann auch einfach mal direkt zum Crowdsurfen in die Menge gehoben und ich hatte zwar echt Schiss, runter zu fallen, aber es ging alles gut und hat mächtig Spaß gemacht!
Hach ja, ein herrliches Wochenende!

Eine Woche in Ställen und auf Feldern später stand dann hier in Château der große 'chantier participatif'  (sowas wie Mitmach-Baustelle) statt, um das untere Zimmer zu isolieren. Denn endlich sollte dieses längst überfällige Projekt mal angegangen werden, schließlich hatten wir ja das nötige Geld durch den Soirée Spätzle eingenommen. Und so sollte nun auch das untere Zimmer endlich mit einer Mischung aus Kalk, Hanf und Wasser isoliert werden.
Die Tage vorher gossen wir die Wände, damit die Mauer (ein paar Wochen vorher wurde schon der Zement abgeklopft) Feuchtigkeit aufnehmen kann. Dadurch trocknet das Gemisch an der Wand weniger schnell und das Risiko, dass alles umfällt, ist geringer.
Pünklich um 6.30 am Morgen stand Antoine dann auch wirklich auf der Matte und fing an, den Chantier vorzubereiten. Nach und nach trudelten immer mehr Leute ein und zusammen klatschten und drückten wir Stück für Stück die Isolationsmasse an die Wand. Es war eine sehr gute Atmosphäre und mittags haben wir dann alle zusammen hier im Château gegessen.


Nach dem Mittagessen bin ich dann schnell nach Vire gedüst, um Catharina, unseren absolut coolen Wochenend-Freiwilligen-Besuch aus Belgien, abzuholen. Beherzt und ohne zu zögern zog sie sich dann auch schnell meinen Arbeitsanzug über und half uns beim Isolieren.

Richtig nervig war es eigentlich nur, dass wir dann Abends die ganze Bude (alle sind ja immer schön mit ihren Kalk-Wasser-Hanf-Schuhen hier durch gelatscht) doppelt und dreifach wischen durften. Das war super frustrierend, denn so bald der Boden trocken war, sah man wieder eine deutliche Weißfärbung. Irgendwann haben wir es dann aber gelassen und jetzt ist unser Boden halt ein klein bisschen weißlich, tant pis!

Das Gemisch an der Wand schafft aber schon eine deutlich andere, angenehmere Atmosphäre im Raum, hier ein paar Vorher-Nachher Bilder:
So sah es aus, bevor wir anfingen
und so fast fertig

                      

Sonntag erkundeten wir mit Catharina nochmal die Suisse Normande und entdeckten eine schöne kleine Wanderung. Es war ein sehr schöner, entspannter Tag und die Sonne und ein kleines Nickerchen an der frischen Luft taten einfach gut.







Am Montag danach durfte ich dank warmen Wetters die von Axel und Laura neu entdeckte Badestelle ausprobieren. Die Badestelle liegt ziemlich idyllisch an einer Kuhweide zwischen Beny-Bocage und Campeaux, umgeben von Bäumen und Stille. Eine sehr schöne Stelle mit tiefem, recht klarem Wasser, nur leider muss man erstmal wadentief im glitschigen Matsch verschwinden, um hineinzugelangen.
Seitdem war ich noch das ein oder andere Mal dort und obwohl das Wetter gerade zu diesem Zeitpunkt ziemlich mies ist, hoffe ich, das es in den nächsten Wochen noch oft warm genug wird, um sich dort abkühlen zu können.

Es folgte eine Woche auf der Pas d'Âne, wo ich mit Laura ein Camp d'été für Kinder von 3-6 Jahren machte. Zusammen bürsteten wir Esel, machten Spaziergänge, fuhren mit einem Eselkarren, spielten Spiele und machten Pizza und Kuchen im großen Holzofen. Insgesamt war es eine sehr schöne, ermüdende und gleichzeitig auch entspannte Woche. Da die Kinder aber noch so klein waren, fiel es mir aber doch manchmal eher schwer, sie mit meinem oft noch gebrochenen Französisch zu erreichen.

Direkt nach Ende des Camps am Freitagnachmittag, ging es für Laura und mich zunächst ratzfatz unter die Dusche und dann gen Strand, denn das nächste festival stand auf dem Programm: Chauffer dans la Noirceur. Ein sehr schönes Festival direkt am Strand mit echt angenehmer Atmosphäre.
Laura und ich waren aber eigentlich nicht als 'festivaliers' unterwegs, sondern als 'benevols', also als Helfer. So mussten wir immer mal wieder arbeiten und den Rest der Zeit konnten wir das Festival genießen. Es war zwar doch etwas anstrengend, arbeiten und feiern zu vereinbaren, aber es war trotzdem ein sehr cooles Wochenende. Wir haben ne Menge nette Leute kennengelernt und dadurch, dass wir die ganze Zeit im backstage Bereich waren, auch fast alle Artisten gesehen.
Der Höhepunkt war wohl die Ska-Punk Band Dubioza Kolektiv, die wir (fünf Minuten nachdem wir mit ihnen hinter der Bühne Fußball spielten) total abfeierten.
Nicht schlecht war allerdings auch das Wetter, weshalb wir am Samstagnachmittag auch spontan mitsamt Kleidung im Meer landeten.

Am Montag danach war ich zwar völlig tot (ich brauche eigentlich eher viel viel Schlaf), aber es ging direkt weiter in die Nähe von Bayeux, wo ich meine Cousine Miri und Malte besuchte, die dort im Urlaub waren. Am Abend folgte dann mein zweites Grillen der Saison, bevor am Dienstag eine kleine Enttäuschung auf die nächste folgte. Zunächst mal waren wir kurz in Bayeux, wo man dank einer Absperrung nicht zum meiner Meinung nach einzig wirklich schönen Ort in Bayeux gelangte, nämlich der mächtige Baum hinter der Kathedrale. Danach fuhren wir nach Arromanches, wo ich im 360° Kino endlich mal den Film über die Landung der Alliierten anschauen wollte, da er mir schon von mehreren Leuten empfohlen wurde. Ich erhoffte mir endlich mehr Klarheit darüber, wie der Hafen in Arromanches so schnell errichtet wurde, blieb aber diesbezüglich im Unwissen und bekam stattdessen einen völlig beschissenen, kriegsverherrlichenden Film inklusive Schießgeräusche von allen Seiten und Nackenschmerzen entgegen geklatscht.
Hoffnungsvoll machten wir uns auf zu einer Bootsfahrt durch das Marais du Cotentin, die uns dank ihrer langweiligen, einschläfernden Art ebenfalls völlig enttäuschte. Highlight war da noch der "auf Deutsch übersetzte" Guide, der aber durch Google Translate zu Stande gebrachter absoluter Stuss war und somit zwar zu 0% informativ, dafür aber teilweise zum Brüllen lustig war.
Gut war wenigstens der Italiener am Abend und trotz den Enttäuschungen war es schön, die beiden zu sehen!

Dass die Familie Vallée, bei der ich am Tag drauf arbeitete, total in Ferienstimmung war und noch am Frühstückstisch saß, als ich kam, kam mir sehr gelegen. Am Morgen arbeitete ich zunächst etwas selbstständig, was mir auch irgendwie total Spaß gemacht hat. Danach bin ich mit Cyril zu den Wiesen der Kühe aufgebrochen. Hier haben wir nach dem Rechten geguckt und einen Zaun repariert und Cyril hat mir ganz viel darüber erzählt, was auf dieser Wiese wächst und warum das gut ist für die Kühe. Ich finde es total spannend, wie durchdacht das alles ist, wie immer dafür gesorgt wird, dass eine bestimmte Menge einer bestimmten Pflanze bzw. Blume vorhanden ist, weil sie beispielsweise sehr viele Proteine enthält, aber es darf auch nicht zu viel sein und so weiter und so fort.
Kurz bevor wir gingen, fing Cyril dann doch tatsächlich an, einen Strauß Blumen zu pflücken - "Wäre ja schade, auf so einer tollen Blumenwiese zu sein und mit leeren Händen nach Hause zu gehen!". Ich habe wirklich versucht, mir diesen Moment mit allen Details einzuprägen um ihn noch lange in Erinnerung zu behalten. Der gelassene Landwirt, der in der Mittagshitze im blumigen Feld steht und Blumen pflückt, dahinter breitet sich die schöne Landschaft der Normandie aus, die Kühe stehen unten am Bach und drumherum nur Sommergeräusche.
Der Nachmittag war aber dann total anstrengend, aber zum Gück haben uns die drei Kinder geholfen, was die Situation etwas aufmunterte.

Am Donnerstag wäre ich dann fast krepiert, denn als wäre die draußen herrschende Hitze nicht schon genug gewesen, durfte ich auch noch den ganzen Nachmittag lang im Gewächshaus arbeiten. Ich bin mir unsicher, ob mir schonmal so unangenehm warm war.
Danach fuhr ich direkt weiter nach Vire, um Laura und Amadeus abzuholen, die von derartigen Temperaturen in der Normandie sehr überrascht zu sein schienen. Zusammen erfrischten wir uns dann auch im See und es war sehr schön zu sehen, wie sehr die beiden Pariser von der idyllischen Natur überwältigt waren. Das Wochenende mit den beiden war wirklich schön, denn so angenehmen, positiven Besuch im Chateau zu haben, macht einfach Spaß!
Nachdem ich die beiden am Sonntag am Bahnhof abgesetzt hatte, ging's für mich mal wieder direkt weiter, denn mit Tom, einem Kumpel und Laura waren wir Kanu fahren. Trotz des nicht ganz so schönen Wetters habe ich es sehr genossen, das Tal mal aus dieser Perspektive zu erleben und ich weiß gar nicht, wie ich zurück in Deutschland ohne dieses satte, inneren Frieden stiftende grün der Normandie auskommen soll, ohne völlig verrückt zu werden.

Bevor es am Dienstag für das Abschlussseminar nach Paris ging (ohje, ohje, wirklich schon so weit?), war am Montag erstmal noch ein richtig anstrengender Tag auf dem Schafsbauernhof angesagt. Es war auch eigentlich eine sehr nette und lebendige Atmosphäre, denn wegen der Ferien waren nicht nur alle drei Kinder da, sondern auch vier Praktikanten und so waren wir zum Mittagessen eine schöne, große Runde von elf Leuten. Ich habe dann am Nachmittag mit den drei Jungs gearbeitet und fand es völlig nervig, dass Alain mir im Gegensatz zu den Jungs irgendwie so gar keine Stärke zugetraut hat. Also wir sollten zum Beispiel so richtig schwere Ziegel von A nach B tragen und als ich dann mit dem Ziegel bei B angelangte, kam doch prompt das Kommentar 'Oh, das ist wohl etwas zu schwer für dich.'
Hä?? Hab's doch grad von A nach b getragen, also geht's ja wohl! Und letztendlich haben die Jungs auch ehrlich gesagt einen Großteil der Zeit geschnackt, während ich mir einen Wolf geschleppt habe und die Spinnen aus den Ziegellöchern entferntem weil sie Angst davor hatten. Also echt, dezent verarscht kam ich mir da schon vor.
Anschließend habe ich mit zwei der Jungs Holz gemacht und habe die 1m langen Stücke des Baumstammes dann immer so anderthalb meter weiter auf einen Haufen geworfen. Und als ich Alain dann holte, damit er den Traktor leert und ihn aufladebereit auf die Wiese stellt, meinte er ernsthaft zu mir 'Ich schick dir vielleicht mal einen der Jungs runter, die großen Stücke sind wohlt etwas zu schwer für dich'. Ich hab ihm erklärt, das jedes einzelne Holzstück dort schon von mir dort hingeworfen wurde und war ehrlich gesagt ziemlich beleidigt. Ich meine, was denkt er denn, was ich das ganze Jahr über hier gemacht habe? Däumchen drehen und dumm in der Luft rumgucken, oder was?
Auch wenn er das sicherlich nur nett gemeint hat, hat es mich ziemlich aufgeregt, da die Holzstücke nun wirklich nicht besonders schwer waren.

Dienstagmorgen brach ich dann wie gesagt auf nach Paris, zum letzten Seminar der Frankreichgruppe, dem Abschlussseminar. Schon ein sehr merkwürdiges Gefühl, denn das Seminar war ein weiterer Indikator, dass sich mein Freiwilligendienst langsam aber sicher dem bitteren Ende zuneigt.
Es war eins der besten Seminare, denn es war relativ entspannt und das Programm hat mir auch sehr gut gefallen. So habe ich neues über die 'tsiganes' gelernt, ein für mich leider eher unbekanntes Thema.
Außerdem hatten wir auch reichlich Zeit, uns kreativ mit unseren Erfahrungen auseinanderzusetzten, was wirklich Spaß gemacht hat. Besonders gut hat mir auch die kleine Schreibwerkstatt gefallen, bei der wir durch verschiedene kleine Einheiten sehr spontan ein paar Teile unseres Freiwilligendienstes und DInge, die uns beschäftigen, verarbeiten konnten. Dass wir uns die entstandenen Worte gegenseitig vorlasen, fand ich wirklich beeindruckend, denn dafür brauchte es schon eine ganze Menge Mut und Vertrauen und ich empfand es als einen sehr intimen Gruppenmoment, der keinesfalls unangenehm sondern sehr berührend war. Danach standen auch dem ein oder anderen (mir inklusive) ein paar Tränen in den Augen.
Eine weitere schöne Aktion war die sogenannte Disco-Soupe. Am Donnerstagmorgen gingen wir zu Supermärkten in der Umgebung und fragten nach Obst und Gemüse, das nicht mehr schön genug zum verkaufen ist, aber dennoch zu gut zum wegschmeißen. Tatsächlich bekamen wir entgegen meiner anfänglichen Skepsis ganz schön viele Lebensmittel, aus denen wir dann am Abend im Moulin á Café (ein café associative) ein Menü zusammenstellten. Heraus kamen zwei leckere Salate mit Tomaten und Gurken, Unmengen Gemüsesuppe und dazu bei den Kindern sehr beliebte Brot croutons und zum Nachtisch reichlich Obsalat aus matschigen Bananen, Melone, Erdbeeren, Äpfeln,frischen Datteln, Nektarinen und Pfirsichen. Das ganze war eine offene Aktion, also jeder, der wollte, konnte mitmachen und so unterstützen uns einige Kinderhände beim Schnippeln. Das Essen verteilten wir natürlich gratis, da wir die Lebensmittel ja nur abgeholt hatten und man es auch rechtlich nicht verkaufen darf. Es waren viele Leute da, die gegessen haben und total begeistert waren von dieser Idee. Es herrschte 'une belle energie' auf dem sowieso schon sehr belebten Platz vorm Moulin á Café.

Es war zwar schön, alle Freiwilligen wiederzusehen, die mir im Laufe dieses Jahres auch wirklich sehr ans Herz gewachsen sind, aber irgendwie wurde ich mein mulmiges bald-muss-ich-Abschied-nehmen-Gefühl einfach nicht los. Ich hasse Abschiede.
Und so fand ich es auch wirklich traurig, mich von all diesen lieben Menschen verabschieden zu müssen. Tränen flossen aber zum Glück nicht, denn ich bin mir sicher, dass ich einen Großteil der Leute ganz bald wieder sehen werde.

Eben im Château angekommen, war es doch erstmal etwas komisch ganz alleine hier zu sein, denn Caro ist die letzten drei Juli Wochen nicht hier. Da ich soviel unterwegs war, habe ich davon aber kaum etwas mitbekommen, was vielleicht auch ganz gut war.

Ihr seht, es ist eigentlich immer etwas los! Ich habe ja schon viel berichtet, aber noch längst nicht alles. Nicht erwähnt sind Dorffest, ein ganz geniales Theaterstück einer Bekannten, Ausflüge, Abende mit Freunden, kleines Straßenkunst Festival in Vire und und und. Ich finde es aber so richtig schön, dass es mir hier so gut geht. Umso mulmiger wird mir natürlich, an den nahenden Abschied zu denken.

Naja, jetzt freue ich mich erstmal auf eine Woche 'Saltimbanque', ein weiteres Sommercamp mit der Pas d'Âne. Mit Pythagore, dem Esel, und einem großen Karren werden wir mit einigen Kindern im Alter von 10 bis 13 Jahren ein paar Tage herumziehen. Das heißt, wir werden von Dorf zu Dorf wandern, die Kinder werden abends ein Theaterstück für das Dorf aufführen und anschließend werden wir dort campen. Ich bin total gespannt, was mich erwartet und freue mich unheimlich auf eine hoffentlich lustige und sonnenerfüllte Woche!

Liebe Grüße,
Henni